Hotelbild Veredelung
Ein Manifest
Auf meinen Reisen, habe ich desöfteren ein Bild von der Hotelwand abgehängt, es umgedreht und geschaut ob sich auf der Rückseite eine Nachricht für mich befindet, irgendetwas was mir den Weg weist, mir zeigt was ich zu tun habe, wohin ich als nächstes gehen sollte, aber jedesmal wenn ich ein Bild umgedreht habe, war da nichts als eine Abdeckplatte aus Holz, mit Klebestreifen versiegelt oder mit Metallklammern gehalten.
Ich habe also selbst angefangen auf den Rückseiten der Hotelbilder kleine Botschaften und Zeichnungen zu hinterlassen in der Hoffnung, daß mir irgendwann jemand antworten würde. Das ist bisher nicht geschehen.
Hotelbildveredelung
- Nehmen Sie auf Ihre Reisen Schreib und Zeichenutensilien mit
- Installieren Sie am Türgriff auf dem Gang das „Bitte Nicht Stören“ Schildchen
- Schließen Sie die Tür ab
- Ziehen Sie die Vorhänge zu
- Nehmen Sie das Bild von der Wand
- Fangen Sie an zu zeichnen!
Der Akt der Hotelbildveredelung
Ich halte den Akt der Hotelbildveredelung nicht für Vandalismus. Es ist ein Beitrag, ein Aufbegehren gegen die Einsamkeit des Geschäftsreisenden, gegen die Anonymität und Keimfreiheit des Hotelzimmers, ein sich-annähern an den vollkommen unbekannten Menschen der im selben Bett schläft.
Meine erste Notiz hinterließ ich auf einem Hotelbild in der Nähe der Messe Leipzig:
Ich stelle mir vor, wer Sie sind? Sie sind von zuhause fort, allein und ohne ihre Familie in einem aufgeräumten Zimmer, hier haben wir alles was man braucht, Fernsehen, kabelloses Internet, eine Badewanne, ein Bett und im Kühlschrank steht genug Alkohol für einen angenehmen Rausch. Auch ich bin heute Morgen in die Sauna gegangen habe einwenig geschwitz und von dem Balkon des Hotels in die Wüste geschaut, weiter hinten sieht man ein paar Schilder Fressnapf XXL -alles für ihr Tier und so weiter. Ist ihnen auch der Trampelpfad aufgefallen der von der Strasse zur Birke führt, um die Birke herum und wieder zurück? Etwa so wie ein Kreisverkehr für Fussgänger. Wie ich so dastehe, denke ich mir, ich schreibe den teuersten Roman aller Zeiten, denn um ihn zu lesen, müsste man alle Hotelzimmer bereisen, die ich besuchen werde und man müsste genau diese Zimmer buchen.
Den Bilderrahmen müsste man von der Wand nehmen, ihn umdrehen und lesen. Ich denke mir, ich werde mir aufregende Cliff-hanger für meine Geschichten ausdenken und die Sucht weiterzulesen wird so groß sein, daß sie einen in den finanziellen Ruin treibt. Jetzt überschätze ich bei weitem meine schriftstellerischen Fähigkeiten: Wenn sie dies lesen, sind sie also entweder ein Hotelangestellter der besonders gründlich ist und auch hinter den Bildern staub wischt, in diesem Fall möchte ich Ihnen sagen, sie schiessen über das Ziel hinaus, niemand schaut hinter die Bilderrahmen um zu sehen ob dort Staub ist, niemand bezahlt sie für diese Arbeit, geben sie auf, niemand wird sich bei ihnen bedanken. Vielleicht sind sie aber auch ein Umzugshelfer im Auftrag des Insolvenzverwalters, das Hotel hat im Zuge der letzten Finanzkrise geschlossen und sie sind beauftragt die Gegenstände aus diesem Hotelzimmer in die Lagerräume des Insolvenzverwalters zu transportieren wo sie dann in einer Versteigerung liquidiert werden, sie sind ein rechtschaffender Mensch, der auf den unsichtbaren Lebensschienen mir ihren unverständlichen Weichenstellungen irgendwie hier her gefunden hat. Gehen Sie bitte behutsam mit diesem Bild um, es ist mir sehr ans Herz gewachsen.